Ein unvollständiger Satz steht am Anfang dieser Ausstellung. Ein Satz, der ganz unterschiedlich weitergeschrieben werden könnte: „Das Leben ist mehr als …“Arbeiten, Geld verdienen, Haushalt, Kinder erziehen o.a. Über sechs Millionen deutschsprachige Erwachsene in Deutschland sind kaum in der Lage, diesen oder andere Sätze zu schreiben. Sie können gar nicht oder nur unzureichend lesen und schreiben. Oft haben sie nicht genug Zuwendung, Unterstützung und Förderung in ihrem Leben erfahren. Ein Leben ohne Schrift aber ist unvorstellbar: in der Familie, im Beruf, im gesundheitlichen Alltag, bei Geld- und Vertragsgeschäften und in der digitalisierten Welt …
Die Wanderaustellung „Das Leben ist mehr als …“, Bild: Altenkamp, Gasenzer
Genau hier setzt die Wanderausstellung „Das Leben ist mehr als …“ an. Ganz verschiedene Menschen werden in dieser Ausstellung als Persönlichkeiten mit ihren individuellen Kompetenzen wertgeschätzt und vorgestellt, unabhängig von Herkunft, Alter, Schul- oder Berufsabschluss – und unabhängig davon, ob sie lesen und schreiben können. Auf insgesamt 22 Ausstellungsträgern bilden die beiden Essener Fotografen Meike Altenkamp und Daniel Gasenzer 21 Personen ab, die das zeigen, was sie besonders gerne machen, was sie lieben, was ihre Leidenschaft ist oder worauf sie besonders stolz sind.
Die Ausstellung lädt ein, die eigenen Vorurteile zu hinterfragen, Bild: Altenkamp, Gasenzer
Die Fotos zeigen 21 Menschen, von denen 11 nicht gut lesen oder schreiben können, während die anderen 10 Protagonisten damit kein Problem haben. Dadurch wird der Betrachter eingeladen, die eigenen Vorurteile zu hinterfragen und seinen Blick nicht auf die Defizite, sondern auf die Stärken der Menschen zu richten. Hier geht es um das individuell motivierte Können, die Leidenschaften, die ein jeder Mensch in sich trägt, unabhängig davon, ob er lesen oder schreiben kann.
Denn: Das Leben ist mehr, als nur gesellschaftliche Anforderungen zu erfüllen. Möge der Betrachter sich durch die Ausstellung dazu anregen lassen, den Satz auch für sich selber zu vervollständigen.
Die Ausstellungseröffnung ist am 20.09.
Von: Meike Altenkamp, Vorstand beim Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V.
