Der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung fordert langfristige Investitionen in die Alphabetisierungs- und Grundbildungsarbeit.
Mehr als 6 Mio. Erwachsene in Deutschland sind durch geringe Lese- und Schreibkenntnisse benachteiligt – Professionelle Alphabetisierungs- und Grundbildungsarbeit braucht langfristige Investitionen.
Berlin/Münster, den 6. September 2022
Am 8. September 2022 ist Weltalphabetisierungstag. In Deutschland haben mehr als 6,2 Millionen Erwachsene nur unzureichende Kenntnisse im Lesen und Schreiben. Sie können einfache Texte weder lesen noch schreiben und gelten als gering literalisiert (Uni Hamburg, LEO 2018). Das bedeutet: In unserer Gesellschaft ist immer noch jeder achte deutschsprachige Erwachsene durch zu niedrige Lese- und Schreibkenntnisse benachteiligt.
Durch die von Bund und Ländern 2016 gestartete „Nationale Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung“ wurden aus Sicht des Bundesverbandes Alphabetisierung und Grundbildung e.V. in Bund und Ländern gemeinsam wichtige Entwicklungen vorangetrieben. Nun müssen Alphabetisierung und Grundbildung als Daueraufgaben begriffen werden: „Wir brauchen langfristige Investitionen und Maßnahmen, um das Lese- und Schreibniveau signifikant zu verbessern“, sagt Dr. Nicole Pöppel, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Alphabetisierung und Grundbildung. „Das kostet, ist aber angesichts der Anzahl an Betroffenen dringend geboten.“
Wichtig ist dabei, die Rahmenbedingungen der Erwachsenenbildung zu verbessern. Dazu Georg List, Vorstand des Bundesverbandes Alphabetisierung und Grundbildung und Kursleiter in Alphabetisierungskursen an einer Volkshochschule: „Derzeit wird der Situation von Lehrkräften und der Lerninfrastruktur noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.“ Die Lehrkräfte tragen wesentlich dazu bei, das Nachholen von Kenntnissen im Erwachsenenalter zu ermöglichen, allerdings unter unzureichenden Bedingungen. Ein großer Teil des Unterrichts in der Alphabetisierung und Grundbildung wird von Honorarkräften und manchmal auch Ehrenamtlichen durchgeführt. Die Situation von Kursleitungen, die hauptberuflich tätig sind, ist oft prekär. Wenn Kurse oder Lernangebote ausfallen, verdienen die Lehrenden nichts. In der Pandemie war das nahezu flächendeckend der Fall, weil Volkshochschulen und andere Anbieter schließen mussten. Gleichzeitig steigt zurecht der Anspruch auf Qualifizierung für die anspruchsvolle Tätigkeit in der Erwachsenenbildung.
Um die Grundbildung in Deutschland langfristig zu stärken, muss die Infrastruktur aber weiter ausgebaut werden. Der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V. fordert deshalb: Die Länder müssen dafür Sorge tragen, dass Lehrkräfte in Grundbildungskursen angemessen bezahlt werden, um qualifiziertes Personal zu halten. Das Kursangebot muss flächendeckend ausgebaut und breiter aufgestellt werden. Grundbildungskurse müssen für Teilnehmende kostenfrei sein. „Am ALFA-Telefon beraten wir täglich Menschen, die nach passenden Lernangeboten in ihrer Region suchen“, sagt Dr. Nicole Pöppel.
Erfolgreiche Maßnahmen der bundesweiten Öffentlichkeitsarbeit einerseits sowie die Förderung regionaler Strukturen wie zum Beispiel Grundbildungszentren andererseits müssen aufrechterhalten werden, um mehr Menschen zum Lernen zu motivieren. Positiv ist, dass der Ausbau von Angeboten zur Alphabetisierung in den Koalitionsvertrag aufgenommen wurde. Bei der Umsetzung muss nun auch ernst gemacht werden.
Hier die Pressemitteilung als PDF.
Ansprechpartnerin beim Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V.:
Dr. Nicole Pöppel
Geschäftsführerin
Tel: 030 857 335 49
E-Mail: n.poeppel@alphabetisierung.de sowie bundesverband@alphabetisierung.de
Der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung (BVAG)
Der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V. ist seit 1984 aktiv und die einzige bundesweite Fach-, Service- und Lobbyeinrichtung zum Thema. Mit rund 350 Personen und Institutionen Mitgliedern ist der als gemeinnützig anerkannte Verein bundesweit präsent. Die grundständige Arbeit wird durch Mitgliedsbeiträge, Spenden sowie Verkaufserlöse finanziert. Der BVAG ist Partner der AlphaDekade 2016-2026 und wird mit derzeit drei Projekten vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Die BMBF-Kampagne „Lesen & Schreiben. Mein Schlüssel zur Welt“ verweist auch auf die kostenlose Beratungshotline des BVAG, das ALFA-Telefon.