Am 6. November veranstaltete das ALFA-Mobil das erste Virtuelle Medientraining für Lernbotschafterinnen und Lernbotschafter

Auch in diesem Jahr hat das Team des ALFA-Mobils wieder ein Medientraining für Lernbotschafterinnen und Lernbotschafter organisiert – dieses Mal aufgrund der aktuellen Situation im virtuellen Raum über die Videokonferenz-Plattform Zoom. 22 Teilnehmende aus ganz Deutschland waren dem zweieinhalbstündigen Online-Workshop entweder von zu Hause oder aus den Räumlichkeiten des ALFA-Mobils bzw. des Vereins Lesen und Schreiben e.V. in Berlin zugeschaltet. Gestaltet wurde die Veranstaltung von den Trainern und Journalisten Cornelia Reinhold und Fredrik Barkenhammar.

„Ich hab’s geschafft, ich bin drin!“ – über mehrere Minuten hinweg tauchen am 6. November 2020 immer mehr strahlende Gesichter auf dem Bildschirm in der Zoom-Videokonferenz zum Medientraining auf. Schon im Vorfeld war klargeworden, dass hier das Motto „Der Weg ist das Ziel“ zutreffender nicht sein könnte: Denn auch die richtige App herunterzuladen, den Link zur Konferenz korrekt im Browser zu öffnen und sich mit unterschiedlichen technischen Voraussetzungen in die Videokonferenz einzuloggen, wurde im Vorfeld fleißig geübt und mit Unterstützung der ALFA-Mobil-Mitarbeitenden Stefan Wälte und Juliane Averdung in Testrunden erprobt. So wurde der Weg ins Medientraining selbst bereits zu einer Gelegenheit, sich im Umgang mit Technik und Tools zu schulen und Fähigkeiten zu erwerben, die für Kommunikation in Zeiten der Pandemie immer wichtiger werden.

Screenshot vom Virtuellen Medientraining

Nach einer Vorstellungsrunde und einem kurzen Rückblick auf vergangene Medientrainings und Workshops zur Öffentlichkeitsarbeit seitens der ALFA-Mobil-Projektleiterin Dr. Nicole Pöppel übernimmt Trainerin Cornelia Reinhold und gibt Tipps und Tricks für den Umgang mit der Technik in online-basierten Kommunikationstools: Welche technischen Möglichkeiten habe ich auf PC, Tablet oder Smartphone? Worauf muss ich bei einem Video-Interview achten und wie präsentiere ich mich am besten? Und vor allem: Wie reagiere ich, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert? Das Video eines BBC-Interviews, das von den Kindern des Korrespondenten unterbrochen wird, amüsiert alle Anwesenden und macht klar, wie hilfreich es ist, bei derlei ungeplanten Vorkommnissen authentisch und mit Humor zu reagieren.

Im Anschluss daran werden Ausschnitte aus reichweitenstarken Reportagen und Interviews der Lernbotschafterin und Lernbotschafter Ute Holschumacher, Oliver Meise und Martin Sell gezeigt und viele wichtige Fragen diesbezüglich diskutiert: Wie viel von meinem Leben sollte ich der Öffentlichkeit zeigen? Wie viel von meinen Gefühlen und Schwierigkeiten offenlegen? Welche Grenzen kann und muss ich den Journalisten und Filmemachern setzen und welche Rechte habe ich bezüglich des Filmmaterials und seiner Verwendung?

Screenshot des Video-Formats von t-online „Frag mich“: Leben mit Analphabetismus  

Schnell wird klar, dass diese Fragen individuell sehr unterschiedlich beantwortet werden. So sagt Oliver Meise: „Ich bin so wie ich bin, offen, und erzähle viel. Ich habe nichts Böses damit erlebt, nur Gutes!“ Sabine Albrecht aus der SHG Wortblind Lüneburg hingegen fühlt sich zwar durch Beiträge wie den von Oliver und den Austausch mit anderen Betroffenen auf ihrem Weg bestärkt, sieht sich selbst aber noch nicht vor der Kamera. Auch Ute Holschumacher erzählt von ihrem schwierigen Weg in die Öffentlichkeit und betont, wie wichtig es ist, bei Presseterminen Unterstützung, zum Beispiel durch das ALFA-Mobil, zu bekommen und wie viel Mut ihr auch im Kurs bei Lesen und Schreiben e.V. gemacht wurde. Trainerin Cornelia Reinhold stellt daraufhin nachdrücklich klar: „Macht euch keinen Stress. Jeder Mensch ist unterschiedlich. Guckt, was euch guttut!“ Wichtig für einen guten Auftritt sei, sich vor der Kamera wohlzufühlen und genau festzulegen, was behandelt werden darf und was nicht.

Angesprochen werden im Rahmen der Diskussion auch mögliche negative Konsequenzen, die durch den Gang an die Öffentlichkeit und Medienpräsenz entstehen können, so z.B., dass Freunde oder Familie sich von einem abwenden könnten. Peter Schmitz z.B. berichtet von dieser Sorge. Oliver Meise hingegen versucht der Problematik auch etwas Positives abzugewinnen: „Ich habe unter euch allen, die ich in Kassel [beim vorherigen Medientraining, Anm. d. Verf.] kennengelernt habe […], Freunde gefunden! Ich bin dankbar, dass ich bei euch hier mitsprechen darf!“ Beim ersten Virtuellen Medientraining wurde somit deutlich, wie stark die Gruppe durch den Austausch über ihr Engagement profitiert. So waren neben einigen (Medien-)erfahrenen Lernbotschafterinnen und Lernbotschaftern auch mehrere dabei, die über ihren Schritt in die Öffentlichkeit noch nachdenken. Gegenseitige Ermutigung spielt hierbei eine wichtige Rolle.

Und so endete das Medientraining auch mit vielen positiven Rückmeldungen und Dank an die Organisatoren, glücklichen Gesichtern und der Idee von Sascha Nowack, die erworbenen Technik-Kenntnisse gleich einzusetzen, um sich mit anderen in weiteren Videokonferenzen auszutauschen. „Für uns alle ist die Welt größer geworden!“, schließt Lernbotschafter Peter Schmitz zufrieden. Eine Fortsetzung des Medientrainings ist fürs kommende Jahr geplant.

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Text: Susann Günther