Woran erkenne ich geringe Lese- und Schreibkenntnisse?

Lesen und Schreiben zu können, wird in unserer Gesellschaft als selbstverständlich vorausgesetzt. Menschen, denen das Lesen und Schreiben schwerfällt, zeigen das meist nicht oder sprechen das Thema von sich aus nicht an. Wenn möglich, probieren sie, Situationen, in denen sie eventuell Lesen und Schreiben müssen, zu vermeiden. Ist das nicht möglich, greifen viele Betroffene auf Strategien zurück, um die fehlenden Kenntnisse auszugleichen oder zu verbergen. 

  • Betroffene vermeiden unsichere Situationen: Informationsveranstaltungen besuchen sie zum Beispiel gar nicht erst, sie reagieren nicht auf schriftliche Aufforderungen. Manche Menschen schlagen sogar Beförderungen aus, wenn diese mit mehr schriftlichen Aufgaben einhergehen.
  • Betroffene delegieren Schriftliches an andere: Sie sagen etwa: „Machen Sie das doch gleich mal“ oder „Das Formular nehme ich mit, ich mache das zu Hause.“
  • Betroffene nutzen Ausreden, die erklären, warum sie nicht lesen oder schreiben: Sie sagen etwa: „Ich habe meine Brille vergessen“ oder „Ich habe meine Hand verletzt.“

Die meisten Erwachsenen in Deutschland können einfache Sachen lesen oder schreiben. Doch Betroffene sind ungeübt, was sich beim Lesen und Schreiben zeigt:

  • Sie haben motorische Schwierigkeiten beim Schreiben.
  • Unterschriften sind wie gemalt und entsprechen nicht dem übrigen Schreibstil.
  • In Schriftstücken gibt es sehr viele orthographische Fehler.

Betroffene drücken sich sprachlich tendenziell einfach aus:

  • Sie bilden häufig kurze Sätze.
  • Sie benutzen selten Wörter zur chronologischen Einordnung (z.B. davor, danach, vorher).
  • Sie verzichten in der Regel auf ausführliche und detaillierte Beschreibungen von Situationen und Erlebnissen.

Das Bewusstsein über soziale Erwartungen an Lese-/Schreibfähigkeiten hängt mit dem formalem Bildungshintergrund zusammen: 

Eine betroffene Person, die in einer leitenden Position arbeitet, ist sich darüber im Klaren, dass ihr persönliches Umfeld von ihr erwartet, sehr gut lesen und schreiben zu können. Umso mehr Angst hat sie davor, entdeckt zu werden.